Aus dem Tätigkeitsbericht 2003 der neun
staatlichen Schulberatungsstellen Bayerns:
Helmut
Jüngling
Öffentlichkeitsarbeit
– ein notwendiges Element der Schulberatung
Schulberatung hat nicht nur den Auftrag, in
die Schule hineinzuwirken und Anlaufstelle für Ratsuchende Bürger zu sein; als
„moderne, bürgerfreundliche und zukunftsorientierte Institution“, so das
Staatsministerium in einem Schreiben an die Schulberatungsstelle Unterfranken,
hat sie auch die Aufgabe, auf ihr Beratungsangebot aktiv aufmerksam zu machen
und ihre Informationen möglichst breit zu streuen.
Für die Schulverwaltung ergibt sich daraus ein
bedeutender Vorteil: Einerseits sind alle in der Schulberatung Tätigen in das
Schulsystem eingebunden, sind selbst Lehrkräfte und Experten für ihre jeweilige
Schulart; andererseits haben sie sich durch die schulartübergreifende Tätigkeit
und durch die Verbindungen zu anderen Institutionen Kenntnisse über die
Zusammenhänge im Bildungs- und Beschäftigungssystem erworben, wie sie an
anderer Stelle im Schulwesen wohl nicht leicht anzutreffen sind. Dieser
umfassende Blick auf das Schulsystem verhindert wirksam einen unzulässig
starken Bezug des Beraters zu einer bestimmten Schulart und sichert ein hohes Maß
an Neutralität.
Es ist unter anderem auch diese Verbindung von
intimer Sachkenntnis und Neutralität, die der Schulberatung das Vertrauen der
Bevölkerung erworben hat. Die Öffentlichkeitsarbeit einzelner Schulen ist – und
das ist bis zu einer gewissen Grenze wohl auch legitim – häufig von dem
Bestreben bestimmt, für ihr Unterrichtsangebot zu werben und die Klassenbildung
des jeweils nächsten Schuljahres zu sichern. Die Schulberatung sieht ihr
Arbeitsfeld an der Schnittstelle von Schulsystem und Schülerpersönlichkeit und
versucht dem Einzelnen bei der Optimierung seiner Bildungslaufbahn zu helfen.
Dies schließt ein, dass die öffentlichen
Äußerungen der Schulberatung bei Sachverhalten im bestehenden Schulsystem ihren
Ausgang nehmen und sie auch wieder zum Ziel haben. Aus der Verpflichtung, dem
Bürger hier und jetzt zu helfen, ergibt sich das Profil der
Öffentlichkeitsarbeit mit ihrem Schwerpunkt bei der Information über vorhandene
Möglichkeiten, realisierbare Projekte, konkrete Planungen. Die innere Logik der
Medien bringt es freilich mit sich, dass gerade in diesem Punkt die
Öffentlichkeit am wenigsten intensiv unterrichtet wird. Beinahe zwangsläufig
richtet sich das Interesse der Medien nun einmal wesentlich stärker auf
Ungewohntes und noch nicht da Gewesenes als auf Bestehendes und Bewährtes; doch
gerade hierüber müsste der Bürger immer wieder informiert werden. An der
Überwindung dieses Informationsdefizits haben die Schulberatungsstellen einen
beträchtlichen Anteil. Sie tragen dazu bei, die Maßnahmen der Schulverwaltung
für das Publikum transparent, verständlich und individuell nutzbar zu machen.
Während beispielsweise die Presseorgane Anregungen zur Abschaffung oder
Wiedereinführung von Ziffernnoten willig aufgreifen, ist das Anliegen der
Schulberatung, über den angemessenen Umgang mit Ziffernnoten aufzuklären, die
Möglichkeiten und die Grenzen ihrer Interpretierbarkeit aufzuzeigen, ihren
Platz bei der Informationen über Schülerleistungen zu definieren und zu
angemessenen Schlussfolgerungen aus einem bestimmten Leistungsbild anzuleiten.
Die Themen, zu denen die Schulberatungsstellen
in den letzten Jahren die Öffentlichkeit informiert haben, decken ein sehr
breites Spektrum ab. Sie erstrecken sich z. B. auf
-
Schularten,
Durchlässigkeit zwischen den Schularten
-
pädagogisch-
psychologische Fragestellungen
-
Besonderheiten
des schulischen Angebots im Regierungsbezirk
-
allgemeine
Fragen des schulischen Lernens und des Unterrichts
-
schulisches
und außerschulisches Beratungsangebot
-
Hilfsmöglichkeiten
bei Schulproblemen
-
neue
schulrechtliche Bestimmungen.
Ein klassisches Mittel der
Öffentlichkeitsarbeit sind Merkblätter, Listen und Grafiken, die an der
jeweiligen Schulberatungsstelle erstellt und entweder auf Anfrage ausgegeben
oder von den Beratungsstellen aus an bestimmte Adressaten versandt werden. Die
Zahl dieser an den jeweiligen Beratungsstellen bereitgehaltenen Materialien ist
sehr hoch: An der Schulberatungsstelle für die Oberpfalz beläuft sich die Liste
auf etwa 50 Dokumente, deren Aktualitätsstand ständig zu überwachen ist. Zu
einem beträchtlichen Teil ihrer Arbeitszeit sind die Mitarbeiter der
Schulberatungsstellen damit befasst, dieses Material auf dem neuesten Stand zu
halten und weiterzuentwickeln.
Mit den von den Schulberatungsstellen
herausgegebenen Merkblättern und Übersichten kann sehr rasch auf neue
Entwicklungen in der Region reagiert werden. So ist etwa das Merkblatt zum
Übertritt an ein Gymnasium in der Stadt oder im Landkreis Regensburg (Schulberatung
Oberpfalz) im Laufe der ersten vier Monate des Schuljahres 2002/03 aus
Aktualitätsgründen bereits in der dritten Überarbeitung erschienen. Von Vorteil
ist die Flexibilität der Schulberatungsstellen auch bei der Erstellung neuer
Materialien: Ergibt sich aus der Beratung oder den Gesprächen mit
Beratungslehrkräften, dass ein bestimmtes Problem, eine bestimmte
Fragestellung gehäuft auftritt, so kann relativ kurzfristig die notwendige
Information hierzu geliefert werden.
Aus bereits genannten Gründen ist es nicht
leicht, Informationen, die aus der Sicht von Schule und Schulberatung von
Bedeutung sind, in den regionalen Presseorganen unterzubringen. In der Regel
bedarf es aktueller Anlässe wie der Ausgabe der Zwischen- oder Jahreszeugnisse.
Im Zusammenhang mit der Bekanntgabe der Zeiten der Zeugnisberatung können bisweilen
Texte veröffentlicht werden, die freilich – anlassbedingt - nur einen Teil des
für die Adressatengruppe relevanten Themenspektrums abdecken können. Da ist es
schon ein Glücksfall, wenn z. B. die „Mittelbayerische Zeitung“ in Regensburg
im Sommer 2002 dem zuständigen Leiter der Schulberatungsstelle auf einer ganzen
Zeitungsseite Gelegenheit gibt, sich über Schulberatung und Schulsystem zu
äußern.
Ein weiteres Problem entsteht durch die Erzeugung
einer zusätzlichen Nachfrage nach Beratung zur Zeugniszeit, vor allem nach
Ausgabe des Jahreszeugnisses, weil dann andere schulische Berater oft nicht
mehr erreichbar sind. Der bedarfs- und
nicht ressourcenorientierte Ansatz der Arbeit an den Schulberatungsstellen
verbietet es jedoch, dies zum Anlass für Zurückhaltung in der
Öffentlichkeitsarbeit zu nehmen.
Gelegentlich gelingt es beratungsbezogene
Meldungen auch außerhalb der Zeugniszeiten zumindest in der lokalen Presse zu
platzieren. So werden Pressevertreter bisweilen erfolgreich zu örtlichen
Dienstbesprechungen oder zur Eröffnung eines Weiterbildungslehrgangs eingeladen.
Wünschenswert ist eine stärkere Präsenz der
Schulberatungsstellen in der Elternzeitschrift („EZ“) des Staatsministeriums.
Über die Beteiligung der Schulberatungsstellen
an den Schulentwicklungskongressen wurde bereits im Kapitel zur Schulberatung
und Schulentwicklung einiges gesagt. Vom Blickwinkel der Öffentlichkeitsarbeit
und der Bewusstseinsbildung breiter Bevölkerungsschichten aus gesehen erscheint
es geboten, die Rolle der Schulberatung am schulischen Gesamtgeschehen
realitätsgerechter darzustellen. Durch die sehr bescheidenen Möglichkeiten der
Präsentation der Schulberatungsstellen wird eine Randständigkeit suggeriert,
die der Bedeutung dieser Dienstleistung
nicht entspricht.
Als besonders günstig war die Darstellung der
Schulberatung Mittelfranken bei den regelmäßig wiederkehrenden
Berufsbildungskongressen in Nürnberg beobachtet worden. Es ist der Überlegung
wert, ob die Anschaffung eines eigenen Standes zusätzlich zu dem des Staatsministeriums
die Wahrnehmung des Angebots der bayerischen Schulberatung nicht noch erhöhen
könnte. Gleiches gilt für die sehr zu begrüßende Beteiligung der
Schulberatungsstelle Unterfranken an der Unterfrankenmesse in Schweinfurt vom
28. September bis 6. Oktober 2002. Zusätzlich hatte die Schulberatung
Mittelfranken beim Tag der offenen Tür der Stadt Nürnberg am 21. Oktober 2002
Gelegenheit, mit einem eigenen Informationsstand der Bevölkerung die
Möglichkeiten des staatlichen Beratungsdienstes nahe zu bringen.
Zur Präsenz der Schulberatung im Internet sei
hier auf das Kapitel „EDV und Schulberatung“ verwiesen. Dieses Medium ist
sicherlich dasjenige, das den Erfordernissen eines auf Breitenwirkung und
Aktualität bedachten Dienstes am besten entspricht. Aufgrund der mittlerweile
weithin selbstverständlich gewordenen Nutzung des Internets ist der Zugang zu
den Seiten der Schulberatung praktisch barrierefrei. Auch die Auffindung der
Netzadresse ist kein Problem: Bei der Eingabe des Begriffs „Schulberatung“ in
die Suchmaschine „Google“ erscheint als erste Seite
die der staatlichen Schulberatung in Bayern.
Die Öffentlichkeitsarbeit der
Schulberatungsstellen auf Stadt-, Landkreis- und Bezirksebene wird fortgesetzt
werden. Nur so können die Informationsbedürfnisse der Bevölkerung in diesen
Räumen angemessen berücksichtigt werden. Diese Struktur sollte jedoch ergänzt
werden durch eine abgestimmte gemeinsame Öffentlichkeitsarbeit der neun
Schulberatungsstellen, ähnlich dem Internetauftritt der Schulberatung. Die
bayerische Schulberatung sollte das Vertrauen, das sie bei der Bevölkerung
genießt, dazu nutzen, der einen oder anderen bildungspolitischen Diskussion
durch Versachlichung die Schärfe zu nehmen, auftauchende Probleme in den
richtigen Zusammenhang zu stellen und Erwartungen an Schule und Lehrkräfte
nicht ins Kraut schießen zu lassen.
Voraussetzungen für diese Ergänzung der
regionalen Öffentlichkeitsarbeit sind:
-
Verstärkung
der Zusammenarbeit der Schulberatung mit den zuständigen Stellen des
Staatsministeriums mit dem Ziel der Herstellung eines verlässlichen
Informationsflusses
-
Verstärkung
der Zusammenarbeit der Schulberatungsstellen untereinander zur Abstimmung der
zu behandelnden Themen.